Stolpersteine

Michael Rauch

(1894–1984)

Baumgarten 18

Im Baumgarten 18 erinnert ein Stolperstein an den politischen Widerstandskämpfer Michael Rauch.

Michael Rauch wurde am 8.11.1894 in Kaufbeuren als Sohn  eines Metzger geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters musste seine Mutter, die Fabrikarbeiterin in der Mechanischen Spinnerei und Weberei war, für den  Lebensunterhalt der vier Söhne aufkommen. Schon als Kind musste er als Viehhirte und Dienstbote sein eigenes Geld verdienen. Nach Beendigung der Schule erlernte er das Bäckerhandwerk und ging nach seiner Gesellenprüfung auf Wanderschaft. 1915 wurde er zum Militär eingezogen und direkt an der Westfront eingesetzt, wo er auch verwundet wurde. 1918 kehrte Michael Rauch politisiert durch die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg nach Kaufbeuren zurück und trat direkt nach Gründung der Kaufbeurer Ortsgruppe im Jahr 1920 der KPD bei. Auch bei der „Roten Hilfe“, dem "Roten Frontkämpferbund" und anderen der Partei nahestehenden Vereinigungen, war Michael Rauch Mitglied. Bis 1922 arbeitete Michael Rauch in der Heil- und Pflegeanstalt Irsee als Pfleger. Danach war er als Hilfsarbeiter bei den Vereinigten Kunstanstalten Kaufbeuren beschäftigt. 1929 versuchte er, sich mit einem Lebensmittelgeschäft in Dachau selbstständig zu machen, musste das Geschäft aber bereits 1930 aufgeben. In der Zeit danach war er bis 1933 arbeitslos.

Schon früh kam Michael Rauch aufgrund seiner politischen Überzeugung in Konflikt mit dem nationalsozialistischen Regime. Vom 24. März bis 1. Mai 1933 war er in „Schutzhaft“ im Kaufbeurer Gefängnis. Nur wenige Wochen später musste er Ende Mai eine viermonatige Haft im Gefängnis in Landsberg antreten. Beide Strafen waren verhängt worden, da er die illegale, selbst produzierte kommunistische Zeitschrift „Der rote Faden“ in der Mechanischen Spinnerei und Weberei verkauft hatte. Nach dem Haftende in Landsberg wurde er in das KZ Dachau überstellt, wo er bis zum 31. August 1934 inhaftiert war. In der über eineinhalb Jahre dauernden Haftzeit musste er seine Frau und seinen vierjährigen Sohn in Kaufbeuren zurücklassen. Nach seiner Freilassung fand er erst 1935 eine Stelle als Hilfsarbeiter bei einem Kaufbeurer Baumeister.

Geprägt von seinen Erfahrungen in der Haft und trotz der Gefahr, von den Nationalsozialisten entdeckt zu werden, unterstützte Michael Rauch den kommunistischen Widerstand. Zwischen 1933 und 1936 hatten sich in Schwaben Widerstandszellen gegen das NS-Regime gebildet. In Kaufbeuren fand sich für die im Untergrund agierende KPD eine größere Gruppe von Kämpfern zusammen. Die Widerstandskämpfer arbeiteten daran, neue Mitstreiter zu gewinnen und knüpften Kontakte in umliegenden Städten wie Peiting, Peißenberg, Schongau, Memmingen, Mindelheim und Obergünzburg. Da die Parteiführung der KPD in München, mit der die Gruppen in Verbindung standen, von einem Spitzel der Gestapo unterwandert war, konnten die Mitglieder des kommunistischen Widerstands in einer groß angelegten Verhaftungswelle gestellt werden. Bis Sommer 1936 wurden in Kaufbeuren 17 Personen des kommunistischen Widerstands verhaftet und im November 1937 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Unter den Angeklagten war Michael Rauch.

Im Gerichtsprozess im November 1937 wurde Michael Rauch zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt, die er in Kaisheim bei Donauwörth verbüßte. Nach seinem Haftende 1940 wurde er nicht entlassen, sondern in das KZ Dachau überstellt. Dort war er im Tbc-Block als Pfleger tätig. Ab 1943 war er im KZ-Außenlager in Allach bei München inhaftiert, wo er als Kapo im gefürchteten Typhus-Block, mutig für die Pflege der todkranken Häftlinge kämpfte. Zum Kriegsende gelangte er in die Außenkommandos des KZ Dachau in Schlachters bei Lindau, von dort später nach Lochau bei Bregenz, wo er am 14. Mai 1945 freikam und schließlich zu Fuß nach Kaufbeuren zurückkehrte.

Michael Rauch überlebte den Krieg und seine 9-jährige Zeit in Haft. Nach dem Kriegsende engagierte er sich als überzeugter Antifaschist und setzte sich aktiv für die politisch Verfolgten des Nationalsozialismus und eine Wiedergutmachung des erfahrenen Unrechts ein. Er starb im Alter von 89 Jahren in Kaufbeuren.

Fotografie: Staatsarchiv Augsburg, JVA Kaisheim Gefangenenakte 5313

Weiterführende Literatur: Wolfgang Kunz, Widerstand und Verfolgung in Kaufbeuren (1933 bis 1945). In: Stefan Dieter (Hrsg.), Kaufbeuren unterm Hakenkreuz, Kaufbeurer Schriftenreihe 14, Thalhofen 2015, S. 210–234.

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